Ich brauche keinen Muttertag, hat meine Mutter, Jahrgang 1932, immer gesagt. Stimmt ja: Wenn jemand meint, mit dem einen Tag wär‘s getan – wie schäbig. Eine
Aufmerksamkeit hat die Mutter aber doch gefreut. Vielleicht hatte ihre Skepsis
gegenüber einer besonderen Ehrung ja noch mit dem Widerwillen zu tun, den die
Auszeichnung ihrer Müttergeneration ausgelöst hat: Vor 80 Jahren, am 21. Mai 1939, wurde erstmals das „Mutterkreuz“ verliehen: ein als „persönlich“ etikettierter „Dank“ des Führers für die Kinder, die eine Frau „ihm“ geboren hatte. Eine freche
Vereinnahmung persönlicher Lebensläufe für eine Ideologie und deren Galionsfigur! Fünf Jahre zuvor, am 3. Maisonntag 1934, wurde der Muttertag erstmals als
„Gedenk- und Ehrentag der deutschen Mütter“ gefeiert, nachdem man ihn 1933 zum öffentlichen Feiertag erklärt hatte.
Das „Ehrenkreuz der Deutschen Mutter“ war dem Eisernen Kreuz für Soldaten
nachempfunden und wurde ebenso dreistufig in Bronze, Silber und Gold verliehen, ab vier, sechs und acht Kindern.
Ein Kreuz, welch perfide Wahl, um die menschenverachtende Ideologie, die dem Guten Hirten des heutigen Evangeliums diametral widerspricht, zu kaschieren, um blankes Heidentum religiös zu bemänteln!
Diesmal fällt der Welttag der geistlichen Berufe, der Gebetstag um geistliche Berufe, mit dem Muttertag zusammen. Das Evangelium erzählt den Text vom „Guten Hirten“. Da drängt sich mir die Frage auf, wie wir in der katholischen Kirche mit Frauen in unserer Hierarchie umgehen. Vielleicht könnte man so fragen: Wie ehrt der Gute Hirte die
Frauen? Und wofür möchte der Gute Hirte Frauen in die leitenden Personen seiner
Kirche gewinnen?