Sie wirkt schon etwas befremdlich, die Tempelreinigung Jesu, von der wir an diesem Wochenende in der Liturgie hören. So temperamentvoll und energisch kennen wir ihn eigentlich gar nicht, aber auch diese leidenschaftliche Seite gehört zu Jesus. Was bezweckt er hier?

Jesus stellt den Tempelkult selbst in Frage. Er verurteilt den Missbrauch der kultischen Handlungen, den veräußerlichten Gottesdienst, der nicht mehr von innen und vom Herzen kommt. Jesus sagt einmal: „Sie verehren mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit weg von mir.“ (Mt 15,8) Für die Ohren der Juden war Jesu Verhalten skandalös, eine Gotteslästerung. Der Tempel war das Symbol ihrer Identifikation und seine Zerstörung bedeutete eine Katastrophe.

Jesus beansprucht hier eine neue Form der Gottesbegegnung: In seiner eigenen Person, dem Sohn Gottes, kann man Gott finden. Er selbst ist der Ort der Gegenwart Gottes. Es braucht keine blutigen Opfer von Tieren mehr. Jesus selbst wird das wahre Opfer sein. Er wird sein Leben hingeben als Lösegeld für viele. Wahrer Gottesdienst geschieht dort, wo Menschen wirklich in der Nachfolge Christi leben in direkter Verbindung zu ihm und aus ihm heraus.

Wenn wir ein bewusstes Leben mit dem auferstandenen Christus in unserer Mitte führen und wirkliche Gemeinschaft in herzlicher Liebe und geschwisterlichem Erbarmen pflegen, dann sind wir der neue, lebendige Tempel. Die Tempelreinigung kann uns als Impuls zur inneren Reinigung dienen. Welche "Markthalle" herrscht in meinem Leben? Welche Dinge, Gedanken oder Gewohnheiten versperren mir den Zugang zu Gott? Vertraue ich lieber meiner persönlichen Leistung oder vertraue ich ganz auf Gottes Willen und Plan, was er auch bringen mag?

Lassen wir uns immer wieder neu von Jesus reinigen und erneuern in unserem Denken und Glauben! Ihre Gemeindereferentin Katja Richter